Gedanken zum Lied

Kinder leben immer im Jetzt

Die einzige Zeitform, in der wir Menschen wirklich leben, ist die Gegenwart - also jetzt.

Natürlich können wir uns mit unseren Gedanken noch in der Vergangenheit bewegen, aber eben nur in unseren Gedanken. Wirklich zurück gehen können wir nicht. Die Vergangenheit ist einfach vorbei und deshalb nicht mehr zu ändern. Jeder Gedanke an das, was vergangen ist, führt uns aus dem Jetzt in einen Gedankenraum; an einen Platz, wo das reale Leben gar nicht stattfindet.

Bis auf einige gute Erinnerungen befinden wir uns an diesem Platz in keiner angenehmen Gesellschaft. Am gedanklichen Ort der Vergangenheit hausen Bedauern, Anklage, schlechtes Gewissen, Verdammnis, Bitterkeit, Ablehnung und Hass.

Tatsächlich aber gibt es noch einen weiteren Raum, der ebenfalls nur in unseren Gedanken besteht und genauso dunkel ist. Es ist der Raum der Zukunft. Was wird in Zukunft auf mich zukommen? Was wird die Zukunft mit sich bringen? Wie kann ich mich entsprechend meiner vergangenen Erfahrungen zukünftig absichern? Viele Menschen bauen eine Brücke aus der Vergangenheit hinein in die Zukunft. Damit übergehen sie die Gegenwart.

Auch im Raum der Zukunft befinden wir uns meist nicht in guter Gesellschaft. Denn hier hausen die Angst und die Sorgen über das Morgen. Sie verbreiten Unruhe und sogar schlaflose Nächte, sind also wirklich keine schönen Mächte.

Kinder kennen nur eine Zeitform: das Jetzt. Wie oft sagen wir Erwachsene gleich, später oder bald. Und dabei ist uns gar nicht bewusst, dass Kinder mit solchen Worten noch gar nichts anfangen können. Erst Ende des zweiten Schuljahres, also mit ungefähr acht Jahren, sind sie erstmalig in der Lage, Zeit zu begreifen. Sie lernen die Uhr. Später die verschiedenen Zeitformen- die Vergangenheit, sprich das Gestern, und die Zukunft, also das Irgendwann. Aber leben tun Kinder immer im Jetzt, im einzigen Raum, in dem reales Leben stattfindet. Und da genießen sie einfach ihr Sein. Da ist gerade jetzt alles schön, gerade jetzt alles wichtig und richtig. Da gilt es gerade jetzt alles zu erforschen und zu entdecken. Und in diesem Raum gibt es keine Zeit.

In welchem Raum halten wir Erwachsene uns überwiegend auf? Wenn wir unsere Kinder nicht erreichen, ist es nicht deshalb, weil wir uns gedanklich gerade in der Vergangenheit oder Zukunft bewegen? In den Räumen also, in denen Kinder nicht anzutreffen sind? Wie oft hören wir unseren Kindern zu und sind gedanklich gleichzeitig mit dem Wie war das-noch-gleich? oder Was -ist-jetzt-noch-alles-dran? beschäftigt.

Unsere Kinder können uns wieder ins Jetzt bringen. Dorthin, wo das Leben stattfindet. Lassen wir uns von ihnen inspirieren. Lassen wir uns von ihnen aus den toten Räumen der Vergangenheit und den ersponnenen der Zukunft ins Jetzt hineinziehen. Wenn sie gerade jetzt kuscheln wollen und wir auf sie eingehen, werden wir spüren können, was wirklich zählt. Und das ist sicher nicht all das, was wir am Tag geschafft haben. Das sind vielmehr die Glücksmomente, die Selbstvergessenheit, zu denen uns unsere Kinder verhelfen können.